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Mama McCool und ihre Regenbogenfamilie auf Instagram

Titten, Ärsche, Pizza-Karton

Aktualisiert: 22. Juni 2018


In unserer Straße parkte mal ein Lieferwagen. Auf der Seite klebte eine riesige Werbefolie, die eine halbnackte, überlebensgroße Frau zeigte. Bekleidet war sie lediglich mit einer unfassbar engen Latzhose, die ihre großen Brüste unbequem zusammenquetschte. Lasziv blickte sie mich an und winkte mir mit ihrer mächtigen Zange zu. Darunter der Werbespruch "Heute schon ein Rohr verlegt?" und die Adresse einer Sanitärfirma. "Mama", fragte meine damals dreijährige Tochter. "Was ist das für eine Frau?" – "Tja, ich denke, sie ist eine Klempnerin oder so. Jemand, der Wasserrohre einbaut und Abflüsse repariert", war meine improvisierte Antwort. "Aber die Frau ist gar nicht gut dafür angezogen," sagte meine Tochter. "Sie scheint eine sehr schlechte Klempnerin zu sein." – "Ja, das ist sie wohl ..."


Wir gingen weiter und meine Tochter fragte nicht mehr nach der Latzhosen-Porno-Barbie mit der Rohrzange. Für sie war das Thema erledigt. Doch wie sieht es in ein paar Jahren aus? Werde ich ihr irgendwann erklären müssen, dass Werbung in Deutschland nackte und halbnackte Frauen als Dekoration benutzt? Oder noch schlimmer: als sexistische Lachnummer?


Sexistische Werbung gab es schon immer. Besonders Produkte, die Männer ansprechen sollen, sprengen manchmal die Grenzen des guten Geschmacks.


Einige Beispiele:


Frau mit Brüsten, Arsch und so weiter. Ihre seltsame Schutzbrille erinnert ein wenig an den Chemie-Unterricht aus der Schulzeit. Headline: "Wie rammst du ihn rein?" – ganz blöde Anzeige eines Gerätes für Zaunmontage
Frau mit Mini-Mini-Mini-T-Shirt und Mini-Mini-Hot-Pants räkelt sich auf der Motorhaube eines Wagens. Headline: "Heute schon abgeschleppt?" – unkreative Werbung eines Pannenservices
Nackte Frau hält einen geöffneten Pizza-Karton mit der Aufschrift "Eat me" vor den Teil ihres Körpers, der nicht nackt gezeigt werden darf – Plakat für einen Pizza-Lieferdienst ... guten Appetit

Ich arbeite selber in der Werbebranche und weiß: Werbung kann so toll sein! So humorvoll, so klug, so sexy! Werbung darf auch provozieren, mit Klischees spielen und anecken. Gute Werbung macht mich ganz kribbelig. Da steh ich drauf! Wenn ich die oben genannten Beispiele betrachte, drängt sich mir jedoch das Bild der alten, rauchenden, laut lachenden Werbe-Männer in den Kopf, die sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, weil sie diese geniale Idee mit den Titten hatten.


Merke: Möpse neben eine Bohrmaschine zu stellen hat NICHTS mit Kreativität zu tun! Denn: Möpse haben nichts mit Bohrmaschinen zu tun.


Ich habe übrigens nichts gegen Sex. Ganz und gar nicht! Sex ist toll. Sexismus ist blöd!


Eine Organisation, die sich gegen Sexismus und limitierte Darstellungen von Geschlechterrollen in der Werbung einsetzt, ist pinkstinks. Ich bin großer Fan ihrer Arbeit. Klickt mal rein!


Zurück zu meinem Problem: Werden meine Tochter und mein Sohn in einer Welt aufwachsen, in der Frauen in der Werbung als Sex-Bombe oder naives Dummchen neben Akkuschraubern, Felgenspray und Co. posieren?


Vermutlich ja.


Schließlich müssen sich die Kids von heute ja auch schon entscheiden, ob sie bei H & M lieber die coolen Shirts für Jungs oder die Glitzer-Variante für Mädchen möchten.


Wenn auf einem Shirt für Mädchen "Little cute Princess" steht und auf dem Jungen-Shirt "I AM THE FUTURE", sind die Rollen ja schon mal ganz klar verteilt.


Selbst bei Überraschung-Ei und Co. hat man inzwischen die Wahl: klassisch oder mädchenhaft. Da Ostern noch nicht lange zurückliegt, kenne ich mich jetzt sehr gut mit beiden Eier-Varianten aus (Übrigens: Seit meine Brüder und ich alle volljährig sind, verstecken meine Eltern jedes Jahr Bierflaschen statt Schoko-Eiern. So ist garantiert, dass selbst die "erwachsenen Kinder" ihr aller, aller Bestes bei der Suche geben. Ein Riesenspaß: Zwei gestandene Männer und vier toughe Frauen vergessen ihre gute Erziehung und rangeln im elterlichen Garten um Flensburger-Flaschen. Damit es so richtig peinlich wird, filmt mein Vater das Ganze. Jedes Jahr ist meine Schwägerin unschlagbar, obwohl meine Frau und ich immer neue Strategien ausarbeiten, um sie abzulenken. Einmal drückten wir ihr sogar beim Startschuss unser Baby auf den Arm. Trotzdem: keine Chance! Seit die Enkelkinder auf der Welt sind, gibt es aber auch wieder Schoko-Eier). Die Ü-Eier für Boys und Girls unterscheiden sich gar nicht so sehr: außen Schokolade, innen das gelbe Plastik-Ding und dann entweder ein Auto, ein Hai oder Kreisel für Jungen oder eine Fee, ein süßer Käfer oder ein Stempel für Mädchen. Eigentlich ist auch egal, was drin ist. Es ist alles ziemlicher Schrott und wandert nach zwei Tagen heimlich in den Mülleimer. Und die Schokolade schmeckt sowieso allen. Wirklich wichtig ist wohl nur die Verpackung: Bist du ein ECHTES Mädchen, dann nimm das Ei mit der rosa Folie.


I don´t like!


Den Lieferwagen mit Rohrzangen-Bitch hab ich übrigens nicht mehr gesehen. Wahrscheinlich lag es daran, dass die Firma ihren Auftrag beendet hatte. Oder an dem Din-A-3-Blatt mit der Aufschrift "Sexistische Kackscheiße", das jemand hinter die Windschutzscheibe geklemmt hatte. Keine Ahnung, wer das war ...


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